In unmittelbarer Nähe zum S-Bahnhof Warschauer Straße und damit im Herzen der „alternativen“ Szene Berlins befindet sich das erst im Frühjahr eröffnete Astra Kulturhaus. Das Venue erfreut sich zunehmender Beliebtheit, auch weil hier viele Künstler/innen auftreten, die zu groß sind für die einschlägigen Live-Clubs Berlins, und (noch) zu klein für die größeren Hallen.
Zu dieser Sorte Bands gehören auch Tegan and Sara, wobei die Columbiahalle für die nahe Zukunft schon mal vorgemerkt werden kann. Das kanadische Indierock-Duo ist inzwischen über den Status des Geheimtipps hinaus gewachsen und füllt 1.000er-Hallen wie das Astra auch ohne eine reguläre Veröffentlichung ihres aktuellen Tonträgers Sainthood in Deutschland.
Als Support wurde kurioserweise ein Rapper namens Astronautalis engagiert. Mit Musik vom Laptop, der später als seine Backing Band vorstellt werden sollte, erklimmt um 21 Uhr ein großer, dünner, adrett mit Hemd und Krawatte gekleideter junger Mann die Bühne und stürmt wie von der Leine gelassen auf das perplexe Publikum zu, schreitet am Absperrgitter entlang und redet ohne Luft zu holen davon, dass er nicht nur gekommen sei, um Witze zu reißen und zu unterhalten, sondern die Mission hat, den Menschen die Wahrheit beizubringen. Das Berliner Publikum hat er mit seiner eigenwilligen, sich nicht ernst nehmenden Interpretation von Hip Hop und der einnehmenden Bühnenpräsenz im Handumdrehen für sich gewonnen. Am Ende des 30-minütigen Sets ist er ob der ihm entgegenbrachten Begeisterung sichtlich gerührt und wird unter frenetischem Beifall von der Bühne entlassen.
Nicht weniger frenetisch werden eine halbe Stunde später Tegan and Sara samt dreiköpfiger Begleitband empfangen und eröffnen ihr Set mit Hits aus den letzten beiden Alben, „The Con“, „Walking with a Ghost“, „I Bet It Stung“ und „Where Does the Good Go“. Im Mittelteil und –punkt des Konzerts stehen indes die neuen Songs aus Sainthood, die mit Ausnahme von „Don’t Rush“ allesamt gespielt werden. Der Gig besticht durch superbem Sound: nicht zu laut und kristallklar, sodass jedes Instrument herausgehört werden kann und selbst krachige Songs wie „I Bet It Stung“ und „Northshore“ nicht nur als breiiges Getrümmer wahrnehmbar sind.
Die Spiellaune der Kanadierinnen ist beeindruckend und zwischen den Songs tragen die zwei allerlei ausschweifende Anekdoten über Pot rauchen mit der Mutter oder den peinlichen Geschenken des ersten Freunds vor und sinnieren als Reaktion auf einen auf die Bühne geworfenen BH darüber, wie ein solches Verhalten an einem anderen Arbeitsplatz als der Bühne wirken würde. Das Set endet mit einer verträumten Interpretation von „Back in Your Head“, „Living Room“, dem ältesten Song im Repertoire an diesem Abend, und dem fragilen „Call It Off“. Das enthusiastische Publikum wird anschließend mit einer bei Tegan-and-Sara-Konzerten nicht obligatorischen Zugabe beglückt. Für „You Wouldn’t Like Me“ hängt sich die Band noch einmal die Gitarren um den Hals und entlässt die Anwesenden mit einem Paukenschlag in die kalte Berliner Nacht.
Sonntag, 29. November 2009
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